Säckeweise Bohnen für die „Stadtschokolade“: Schokoladen-Hersteller Helmut Gräber hat 500 Kilo Bohnen aus Amazonien geröstet und verarbeitet. Sein Werk im Odenwald besuchen die Mitglieder der Unterschleißheimer Agenda- 21-Gruppe: (v.l.) Karl Kleiber, ÖDP-Stadtrat Bernd Knatz, Gerhard Bauer,
SPD-Stadtrat Ernst Greb und der Klimaschutz-Manager der Stadt, Klaus Hecht.
Foto: FKn
Wenn er von der „Stadtschokolade“ erzählt, ist Klaus Hecht, der Klimaschutz-Manager der Stadt Unterschleißheim, beinahe ein bisschen aus dem Häuschen.
Eigentlich, findet er, ist dieser Begriff ja viel zu profan für das, was hinter ihm steckt: ein „ Kakao-Schokolade-Projekt “, das eine Klimaschutzmaßnahme ist, „deutschlandweit einmalig und hoch innovativ“.
Teil eines kommunalen Klimaschutzkonzeptes, das zeigt, wie wichtig die Regenwälder sind für den Klimaschutz.
Die besondere, ideelle Bedeutung ist der Schokolade selbst nicht anzusehen. Immerhin : Für den hohen Kakao-Anteil schmeckt sie überraschend süß und cremig. Tatsächlich aber enthält sie nicht den sonst üblichen Zusatz von Vanille oder Vanillin-Aroma.
Das sei möglich, weil sich der verwendete Kakao durch eine „große Aromenvielfalt“ auszeichne, „ohne bitter oder sauer“ zu sein.
Der das sagt, muss es wissen. Es ist Helmut Gräber, Juniorchef der Wilhelm Eberhardt oHG im Odenwald. Gräber hat die Unterschleißheimer Stadtschokolade hergestellt.
2300 Tafel zu je 50 Gramm unter Verwendung von 500 Kilogramm Kakaobohnen, die er und seine Mitarbeiter zuvor geröstet haben. Die Bohnen wiederum haben indigene Bauern geerntet auf Feldern im Nationalpark Alto Fragua Indi Wasi im Quellgebiet des Amazonas, Kolumbien. Sack für Sack hat Gräber später im Odenwald geöffnet und festgestellt: In jedem Sack fallen die Bohnen ein wenig anders aus, insgesamt jedoch überzeugen sie alle durch hohe Qualität.
Das freut Klimaschutz-Manager Hecht in Unterschleißheim. Denn er hat den Kontakt zwischen Kolumbien und dem Odenwald hergestellt.
Er ist es, der dafür sorgen will, dass Unterschleißheim mit seinem „Kakao-Schokolade-Projekt“ einen Beitrag leistet zum „Klima-Bündnis der europäischen Städte mit indigenen Völkern e.V.“, in dem Unterschleißheim Mitglied ist. Dieses Netzwerk aus Städten, Gemeinden und Landkreisen hat sich verpflichtet, das Weltklima zu schützen. Die Mitglieder setzen sich dafür ein, die Treibhaus-Emissionen vor Ort zu reduzieren.
Ihre Bündnispartner sind die indigenen Völker in den Regenwäldern Amazoniens. Eine große Aufgabe, die Unterschleißheim nicht allein stemmt.
Und so ist das „Kakao-Schokolade-Projekt“ ein Vorhaben nicht allein der Stadt. Es läuft in Kooperation mit den Städten Hannover, Magdeburg und Oldenburg. Alle vier haben eine Projektskizze entwickelt und diese beim Bundesumweltministerium eingereicht. Die Vier hoffen auf eine gemeinsame Förderung in Höhe von rund 900 000 Euro für vier Jahre. Das wären immerhin 90 Prozent der Gesamtkosten.
Sollte es so kommen, müsste die Stadt noch rund 6000 Euro pro Jahr selbst tragen. Die Fördermittel sollen dazu dienen, die Situation der indigenen Bauern in Amazonien zu verbessern. Sie sollen mehr Lohn bekommen und kein Koka mehr anbauen.
Um selbst einen Eindruck vom Leben der Bauern zu bekommen, sind Hecht, drei Vertreter aus dem Stadtrat sowie einige der Agenda-21-Mitglieder nach Kolumbien geflogen. Zwar zahlen bis auf Hecht alle ihren Flug selbst. Besonders umweltschonend freilich scheint so ein Infoflug nicht zu sein. Vielleicht wäre es an sich umweltfreundlicher, ganz auf ein solches Projekt zu verzichten ?
Doch was wäre dann mit der Unterstützung für die indigenen Bauern ?
Idealismus ist in dieser Sache gefragt. Auch beim Schokoladen-Hersteller Helmut Gräber im Odenwald. Denn verdienen kann er nicht an der „Stadtschokolade“. Bislang jedenfalls nicht. Es ist der ideele Aspekt, der ihn antreibt, die Tafeln zu produzieren. 2300 Stück - das ist „nicht lukrativ“, hat er festgestellt. Er hofft, dass die Schokolade den Menschen in Unterschleißheim schmeckt. Werde sie gerne gekauft, dann wolle die Stadt eventuell weitere Tafeln ordern, sagt er.
Klimamanager Hecht jedenfalls ist absolut überzeugt vom Projekt und hofft, dass die Menschen dank der „Stadtschokolade“ in ihrem Bewusstsein für den Klimaschutz geschärft werden. Und wer kann schon Nein sagen zu einer Süßigkeit, die auch noch ein gutes Gewissen macht...
Habsburger